3. Der Verspannungsspirale entkommen

Die Summe der Verspannungen und Verhärtungen, die sich im Laufe der ständigen Anwendung der Entspannungsspirale bei mir gelöst haben, übersteigt das Vorstellungsvermögen. Im nachhinein erstaunt es mich, wie mein Körper mit diesen Spannungen überhaupt einigermaßen zurechtkommen konnte. Aber wie konnte es zu einem derartigen Misstand kommen?

Eine gebückte Haltung bewirkt, dass ein Teil der Nackenmuskulatur auf den Kopf rutschen kann. Dort sind nun Muskeln, die dort nicht hingehören. Die Kopfmuskulatur verhärtet nun aus zwei Gründen: Kopfmuskulatur und Körpermuskulatur korrespondieren auf irgend eine Art und Weise. Sind die Körpermuskeln wegen der gebückten Haltung verspannt, steigt auch die Spannung der Kopfmuskulatur. Gleichzeitig wird die Bewegungsfreiheit der Kopfmuskeln durch die zu hoch liegenden Nackenmuskeln beeinträchtigt. Die Folge ist eine Verhärtung der Kopfmuskulatur. Die verhärtete Kopfmuskulatur erschwert es nun zunehmend die Körpermuskeln zu lockern, denn wie gesagt, hängt die Spannung der Körpermuskeln voneinander ab. Außerdem fehlen die hoch gerutschten Nackenmuskeln weiter unten und machen ein Aufrichten der Wirbelsäule unmöglich.
Wirbelsäule ist nun dauerhaft gekrümmt. Ein Aufrichten des Körpers erfordert jetzt Anstrengung, die man natürlich nicht ewig erbringen kann. Die Wirbelsäule krümmt sich unter dem Eigengewicht des Körpers weiter und die Verhärtungsspirale geht in eine nächste Runde.
Außerdem gibt es Muskeln und Gewebe, die sich nicht von selbst automatisch vernünftig dehnen können. Zu denken wäre da an die Fußmuskeln, Handrückenmuskeln oder an den Muskel auf dem Schienbein, eventuell auch an Kopfmuskeln. Nach Ansicht von Françoise Mézières werden sogar die Rückenmuskeln durch den alltäglichen Gebrauch kürzer (Thérèse Bertherat/Carol Bernstein: Der entspannte Körper, Frankfurt a. M. 1992, S. 55 u. 64-66). Da diese Muskeln nicht oder zumindest nicht voll ausgedehnt werden, verhärten sie langsam. Nun hängt aber die Spannung aller Muskeln voneinander ab. Verhärtet sich ein Teil, so erhöht sich auch die Spannung in den restlichen Muskeln.
Auf diese Weise verhärtet nach und nach der gesamte Körper.

Wie lässt sich diese beklagenswerte Entwicklung nun vermeiden? Zunächst ist es sicher hilfreich sich zu bewegen, um auf diese Weise Muskeln und Bänder zu verlängern. Desweiteren ist eine aufrechte Haltung empfehlenswert, besonders bei länger andauernden Tätigkeiten wie beim Gehen, Sitzen oder Schlafen. Alles was die Wirbelsäule lang macht ist gut. Tief Atmen. Aufpassen, dass die Schultern unten bleiben und die Schultern strecken. Das verhindert eine Verdichtung der Muskulatur im Nackenbereich. Die mimischen Ausdrucksfähigkeiten gebrauchen, damit sich keine Verhärtungen der Gesichtsmuskulatur bilden können.
Diese Verhaltensweisen dürften die Verspannung des Körpers sicher erheblich verlangsamen. Doch ganz ausschalten können sie die Verspannungsspirale nicht. Es gibt noch jene Muskeln oder Gewebe, die sich durch Bewegung nicht dehnen lassen. Hier setzen sich Verspannungen nach und nach fest. Glücklicherweise besitzen wir Menschen Hände, mit denen wir diese Verspannungsnester lockern können. Mit deren Hilfe sollte es uns möglich sein, bis ins hohe Alter ein entspanntes Leben genießen zu können.

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